Wegen kuriosen Rechtsstreitigkeiten oder aufgrund des steigenden Bewusstseins der Bevölkerung für Tiere und Umwelt: Fleischersatzprodukte sind aktuell heiß diskutiert. Doch wie entwickelt sich der Markt für diese Produkte? Könnten Fleischprodukte bald komplett ersetzt werden?
Kurioser Rechtsstreit
Im Zuge der Verhandlungen zur EU-Agrarpolitik wurde dem Europäischen Parlament ein Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Bezeichnung von pflanzlichen Fleischersatzprodukten, wie beispielsweise vegetarischen Buletten, mit Namen wie „Steak“, „Wurst“ oder „Burger“ verbieten sollte. Laut Tagesschau wurde die vorgeschlagene Gesetzesänderung vom Landwirtschaftsausschuss des Parlaments lediglich vorgeschlagen, da von Seiten der Agrarverbände Druck gemacht wurde. Dem Spiegel zufolge, liegt die Begründung des Antrags darin, dass Kunden durch die ähnlichen Bezeichnungen verwirrt würden. Fleischersatzprodukte sollten demnach streng gekennzeichnet werden. Außerdem wurde dem Veggie-Markt vorgeworfen, die Fleischbezeichnungen zu kapern. Verbraucherschützer sowie Politiker der FDP und der Grünen waren sich einig, dass Kunden keinesfalls von den Bezeichnungen verwirrt werden, sondern diese lediglich dabei helfen, die Produkte zuzuordnen und leichter in Mahlzeiten zu integrieren. Das Europäische Parlament lehnte den Gesetzesentwurf ab. Die Diskussion wurde als „überflüssig“ und „sinnlos“ bezeichnet.
Fleischlos in die Zukunft?
Bereits Anfang des Jahres ließen die Zahlen des Statistischen Bundesamt keinen Zweifel an der zunehmenden Präsenz von Tofuprodukten, vegetarischen Brotaufstrichen und anderen Fleischersatzprodukten. Die Menge von Fleischersatzprodukten in Deutschland erhöhte sich im ersten Quartal 2020 auf 20.000 Tonnen – 37 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Produktionswert für die Produkte des gesamten Jahres 2019 lag bei etwa 270 Millionen Euro.
Das US-Startup „Beyond Meat“ erreicht mit seinen fleischlosen Bouletten mittlerweile eine Marktbewertung von mehr als einer Milliarde US-Dollar. Nicht das einzige Unternehmen, das mit vegetarischen und veganen Alternativen viel Umsatz erzielt. Mittlerweile bieten sogar klassische Fleischbetriebe, wie etwa die Rügenwalder Mühle, erfolgreich vegetarische und vegane Produkte an: „Im Juli 2020 haben wir tatsächlich erstmals mehr Umsatz mit den Fleischalternativen gemacht“, teilt die Unternehmenssprecherin Claudia Hausschild der Tagesschau mit. Der Umsatzanteil lag bei 53 Prozent. Immer mehr Unternehmen werden sich der steigenden Nachfrage bewusst.
Fleisch auch weiterhin auf dem Teller
Obwohl fleischlose Produkte aus mehreren Gründen als nachhaltiger gelten, ist die komplette Umstellung auf vegetarische Produkte in näherer Zukunft unwahrscheinlich. Die Fleischbranche konnte in den ersten vier Monaten des Jahres 2020 einen Rekordumsatz verzeichnen. Der Produktionswert von Fleischersatzprodukten mit 273 Millionen Euro im Jahr 2019 wirkt im Vergleich zu den 40,1 Milliarden der Fleischindustrie , verschwindend gering. „Wir sehen hier keine Konkurrenz zwischen den Fleisch- und den fleischlosen Produkten“, erklärt Tönnies-Sprecher André Vielstädte. Weiteres Wachstumspotenzial ist dennoch vorhanden.
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